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Dienstag, 7. Februar 2012

Anleitung für zivilen Ungehorsam in Europa


Protest weitet sich aus

yo no paro
Es gibt Tage, an denen man regelrecht stolz sein kann auf die Solidarität der Bevölkerung in Spanien. Heute ist so einer: Die Sheriffs der Madrider U-Bahn haben eine Plattform gegründet, um die Protestaktionen in der Metro nachhaltig zu unterstützen statt sie zu verhindern. Eine Anleitung zu zivilem Ungehorsam in Europa.

Das Sicherheitspersonal der Madrider Metro wird Schwarzfahrer ab sofort nicht mehr kontrollieren oder aufhalten. Ihre Aktion „Yo no paro“ (ich halte niemanden an) ist namentlich angelehnt an die Kampagne „Yo no pago“ (ich zahle nicht), mittels derer hunderte von Madridern die U-Bahn der spanischen Hauptstadt nutzen, ohne zu bezahlen, um damit gegen die sozialen Einschnitte der konservativen Regierung zu protestieren. Die Uniformierten würden zwar weiterhin für Schutz und Sicherheit sorgen, heisst es in der Pressemeldung, fordern jedoch gleichzeitig die Bevölkerung auf, sich der Bewegung „Yo no pago“ anzuschliessen.
yo no pago
Wie wir bereits am 16. Januar unter dem Titel „Ich zahle nicht: Tumulte und Festnahmen in der U-Bahn“ berichteten, hatte es vier Festnahmen in der U-Bahn-Station Callao gegeben, als Dutzende von Menschen ohne zu bezahlen die Absperrungen der Madrider Metro übersprungen hatten nach einer mehr als unglücklichen Marketing-Aktion der Metro. An diesem Tag war die Polizei vom Sicherheitspersonal der U-Bahn alarmiert worden, was sich für die Zukunft wohl erledigt haben dürfte.
„So geht´s nicht weiter!“, versichert ein Sicherheitsbeamter dem Uhupardo, „alle Firmen werfen langjährige Mitarbeiter raus, ersetzen sie durch billige neue Teilzeitkräfte, missachten sämtliche Arbeitnehmer-Rechte, dehnen die Dienststunden immer mehr aus. Wir sind völlig einverstanden damit, dass die Bevölkerung die Metro ohne Fahrschein benutzt, um zu protestieren und haben unsere Aktion – yo no paro – gegründet, um sehr deutlich zu machen, dass der soziale Ungehorsam gegen die Einschnitte der Regierung vollkommen berechtigt ist. Sie zahlen nicht – und wir halten niemanden mehr auf, solidarischer Protest Hand in Hand.“
Währenddessen hat die Bewegung „Ich zahle nicht“ für die nächsten Tage zwei weitere Termine geplant, an denen hunderte von Menschen die Absperrungen der Metro ohne Fahrschein überspringen werden. Die Termine liegen dem Uhupardo vor, werden aber vorsichtshalber nicht veröffentlicht. Unter dem Titel „Yo no pago su crisis“ (Ich zahle ihre Krise nicht!) veröffentlichten die Verantwortlichen der Aktion ausserdem einen Text, der die Hintergründe erklärt. Es liest sich wie ein Musterbrief für europäischen Protest gegen die immensen sozialen Einschnitte in allen Teilen des Kontinents und kann anderen Protesten als Arbeitsanleitung dienen.
gob raj
Die konservative Regierung Rajoy darf sich warm anziehen. Spaniens Bevölkerung ist kreativ und entschlossen in ihrem Protest gegen brutale soziale Einschnitte.
Auszüge aus einem fünfseitigen Dokument
Da die Regierung uns nicht mitbestimmen lässt, wie Steuergelder verwendet werden, bleibt uns nichts anderes übrig, als sie ihnen zu entziehen oder sie mindestens maximal zu reduzieren. Es ist längst klar geworden, dass diese Gelder nicht in Bildung, Gesundheit und Soziales fliessen, sondern dazu verwendet werden, das Vermögen milliardenschwerer Banker und Finanzhaie zu vermehren. Diesem System darf man nicht mehr als das Unvermeidliche geben, denn die Mittel werden gegen uns verwendet. Dazu dienen sehr verschiedene Aktionen:
1. Operation „Kein Bank-Konto“ (wer keins hat, kann nicht gepfändet werden)
1.1. Alle Daueraufträge streichen!
Rechnungen können immer auch per Bareinzahlung beglichen werden, was den Banken viel mehr Arbeit macht. Auch wenn sie nur bestimmte Stunden dafür zur Verfügung stellen, sie müssen das Geld zu allen Öffnungsstunden annehmen. Laut protestieren und/oder das Beschwerdebuch verlangen, hilft immer. Keine Firma darf ihre Kunden zu einem Dauerauftrag verpflichten.
1.2. Keine Lohn- oder Gehaltsüberweisung aufs Konto!
Die Banken spielen mit diesem Geld. Niemand ist verpflichtet, sein Gehalt auf ein Konto überweisen zu lassen. Es ist dein Recht, entweder in bar oder mittels Scheck bezahlt zu werden. Der Lohn, der auf dem Konto landet, gehört zunächst der Bank. Wer zur Filiale fährt, um seinen Scheck einzulösen, kann gleich seine Rechnungen einzahlen (siehe 1.1.).
1.3. Keine Kreditkarten!
Kreditkarten-Zahlungen sorgen für acht Prozent Bankgewinn. Wer keine hat, zahlt keine Kommissionen an die Bank. Wer unbedingt eine Plastikkarte braucht, sollte wenigstens eine Debit-Karte wählen statt einer Kreditkarte, die Bank verdient unvergleichlich viel weniger daran.
1.4. Bank-Rott
In der Krise gibt es viele insolvente Personen (450.000 in Spanien). Wer eine persönliche Insolvenz-Erklärung ausfüllt, muss zum Beispiel keine Strafen mehr zahlen: So kann man gratis Bus oder Bahn fahren – das entsprechende Knöllchen kann zwar erteilt, muss aber nicht bezahlt werden. Das Konto kann man nicht pfänden, wenn obige Ratschläge beherzigt wurden. Computer, Auto und ähnliche Dinge kann man auch nicht pfänden, wenn sie auf den Namen deiner Frau, deines Bruders gekauft wurden.
2. Operation „Öffentlicher Verkehr“ (aber wirklich „öffentlich“)
Wenn Metro oder Bahn mit Steuergeldern gebaut wurden, warum müssen wir dann nochmal zahlen? Zahlungs-Verweigerungen ohne Polizei und Journalisten sind allerdings wenig wirksam.
a) In einem Land, in dem der Mindestlohn bei 641 Euro liegt und 65 Prozent der Bevölkerung weniger als 1.000 Euro verdienen, können wir uns die Fahrpreise schlicht nicht leisten.
b) Derzeit werden die Löhne und Gehälter brutal gekürzt zugunsten der „Schulden“. Was uns ungerechterweise dort weggenommen wird, kann man sich über nicht bezahlte Fahrpreise wenigstens zu einem Teil zurückholen.

c)
Transport ist kein Luxus sondern eine Notwendigkeit.
Wer sich nicht bewegen kann, ist aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Transport ist dein Recht!
d) Wir arbeiten für sie, wir konsumieren für sie!
Die Firma bekommt ein billiges Grundstück weit draussen. Deswegen muss der Arbeiter dorthin. Der Einkaufsmarkt auf der grünen Wiese zwingt dich ebenso zum Transport.
e) Transport ist öffentlich, wenn sich alle damit bewegen können. Wenn nur derjenige daran teilnehmen kann, der genug verdient, ist es ein kein öffentlicher Transport!
- Danach gibt der Text praktische Tipps, auf welche Art die Absperrungen der Metro umgangen werden können, und wie man dafür sorgt, dass Verkehrsstrafen wegen Falschparkens nicht bezahlt werden müssen. -

Quelle und Dank an: http://uhupardo.wordpress.com

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