Abb: © stefano di nenno - Fotolia.com
Von Aman
Die viel beschworene Macht des Konsumenten hört dort auf,
wo die Bequemlichkeit anfängt.
Früher arbeitete ich als selbstständige Honorarkraft in einer Möbelmanufaktur im Schwarzwald. Der junge Chef war Kunstpreisträger. Es war eine Ehre in seinem Betrieb zu arbeiten. Seine Eltern hatten den Schreinerei – betrieb gegründet, waren aber an der Spanplattenkonkurrenz verzweifelt.
Erst als der Sohn die Schreinerei übernahm und begann Vollholzmöbel in frischem Design zu entwerfen und in handwerklicher Perfektion aus einheimischen Hölzern wie Birnbaum, Kirsche und Eiche limitierte Kleinserien zu fertigen, ging es mit dem Betrieb steil nach oben. Woher kam der Erfolg und wer waren seine Kunden? Wer gibt mehrere tausend Euro für einen Esszimmer tisch aus massivem Kirschholz aus?
Weit gefehlt, wenn man die Kundschaft ausschließlich in wohl situierten Kreisen vermutet.
Mehrheitlich waren die Kunden Selbstständige oder Bezieher kleiner bis mittlerer Einkommen, ja sogar Rentner. Einige sparten den Kaufpreis über einen längeren Zeitraum an. Eine Gemeinsamkeit jedoch verbindet alle Kunden miteinander. Die Abscheu vor lieblos verarbeiteten Massenprodukten aus minderwertigen Materialien. Diese Kunden wollen sich jeden Tag neu an einem Möbelstück erfreuen, das man von Generation zu Generation vererben kann. Solch eine Haltung nennt man gelebte Nachhaltigkeit.
Eine seltsame Auffassung von Nachhaltigkeit begegnete mir unlängst bei einem der größten Möbelhäuser der Welt. IKEA. Erfahrene Möbelspediteure und erst recht deren Möbelpacker rümpfen beim Anblick der Spanplattenprodukte aus diesem Möbelhaus die Nase. Zeigt die Praxis doch, dass deren Lebensdauer aufgrund wenig nachhaltiger Verarbeitung durch einen Umzug drastisch verkürzt wird. Daher könne man mit vielen IKEA-Möbeln eigentlich nicht wirklich umziehen.
Besonders dreist wird der Nachhaltigkeitsanspruch ad absurdum geführt, wenn z.B. ein Wasserhahn aus dem Hause IKEA wenige Jahre nach der Anschaffung neue Dichtungen benötigt. Das Ziehen einer Wartemarke am Serviceschalter kann man sich ersparen, wenn man der Hoffnung erlegen ist, für ein älteres Modell Dichtungen zu erhalten. Mein Verständnis von Nachhaltigkeit wurde mit Füßen getreten, als ich dort die Auskunft erhielt, dass es nicht nur für das ältere Modell, sondern generell für sämtliche Wasserhähne im aktuellen Angebot keine Dichtungen gibt. Ein Dichtungswechsel sei gar nicht vorgesehen. Bei einem Markenprodukt eines deutschen Herstellers wäre dies kein Thema. Gute Wasserhähne halten schließlich eine kleine Ewigkeit.
Bei IKEA hingegen konnte ich stattdessen mein Verantwortungsgefühl für unseren Planeten und dessen endliche Ressourcen auf die Probe stellen. Vorausgesetzt, mein Wasserspender wäre in der 10jährigen Garantiezeit leck gegangen und der Kassenbon wäre noch vorhanden (wo war der doch gleich?), könnte ich nun mit ausgeblendetem ökologischen Gewissen ein neues, unreparables, chromblitzendes Etwas, das so aussieht wie ein Wasserhahn, in Empfang nehmen. Oder diesen Wahnsinn beenden, den Restglauben an dieses Steuer vermeidende, garantiert nicht nachhaltige, ja umweltfeindliche Unternehmen verlieren und einen für die kleine Ewigkeit gebauten Wasserhahn beim Fachhändler besorgen. Billig kann ich mir nicht mehr leisten.
100 Euro für Ihren Atomausstieg. Ist Ihnen dieser Satz in letzter Zeit begegnet? Die Berliner GASAG buhlt mit dieser Prämie um die Gunst der Stromkunden. Der Atomausstieg ist Konsens in diesem Land. Nun soll damit Kasse gemacht werden. Meint die GASAG wirklich, sie könne einerseits die Intelligenz derjenigen beleidigen, die sie für sich gewinnen will, andererseits darauf hoffen, das der Kunde zu träge sei, sich über die GASAG und ihre Anteilseigner zu informieren?
Was fällt uns denn dazu ein, wenn wir wissen dass 36,85 % der GASAG Anteile von der E.ON Beteiligungsgesellschaft GmbH gehalten werden, weitere 31,575 % der Anteile bei der Vattenfall GmbH liegen und 31,575 % der Anteile der französichen GDF Suez Beteiligungsgesellschaft GmbH gehören, die über Stromlieferverträge mit E.ON mindestens Atomstrom aus dem Kernkraftwerk Grundremmingen bezieht?
Sicher hat die GASAG im Gasgeschäft einen guten Namen durch ihre Verlässlichkeit. Will sie das Vertrauen der Kunden nun aufs Spiel setzen, indem ihre Anteilseigner mit dem Thema Atomausstieg hausieren gehen? Gerade der Atomausstieg in Deutschland wurde ja nicht durch die hier aufgeführten Konzerne eingeleitet, sondern wurde durch mehrere tragische Atomunfälle weltweit forciert. Die zunehmende Angst vor dieser unzuverlässigen Technologie und die Sensibilisierung der Bevölkerung hierfür war es, die in diesem Land den Atomausstieg eingefordert und durchgesetzt hat.
Die Atomkonzerne hingegen entziehen sich nun auch noch der langfristigen Verantwortung für die Endlagerung des Atommülls, indem sie in einem hoch umstrittenen Deal mit der Bundesregierung die Ewigkeitskosten auf den Bürger abwälzen. Gleichzeitig klagten sie gegen die Bundesregierung und damit gegen uns Bürger auf Schadenersatz in Milliardenhöhe, für eine Entschädigung der ihnen durch den Atomausstieg entgangenen Gewinne.
Geht’s noch?
Es gibt hervorragende, Atomstrom-freie Energieversorgungsunternehmen, die den Atomausstieg durch ihren unermüdlichen Einsatz mitbewirkt haben. Gerade kleine Energiegenossenschaften, wie z.B. die www.ews-schoenau.de haben, unsere Aufmerksamkeit wirklich verdient und sollten durch unser Vertrauen belohnt werden. E.ON, Vattenfall, RWE und EnbW verdienen unser Vertrauen jedenfalls nicht.
Quelle und Dank an: www.sein.de
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