Von Susanne Gutknecht.
In Dürnten sollen zwei neuartige Häuser entstehen.
Die Bewilligung haben die Bauherren erhalten – jetzt warten sie auf
warmes Wetter für den Bau.
Vorbild für die Dürntner Häuser:Der Bau mit Strohwänden in Disentis.
Bild: Atelier Werner Schmidt,Trun
gültige E-Mail-Adresse fehltDie Vorstellung, in einem Strohhaus zu leben, löst leicht
Visionen von krabbelnden Insekten, schimmligen Wänden und fortwährender
Brandgefahr aus. Nicht so für zwei Familien aus dem Zürcher Oberland,
die kürzlich ihre Baubewilligung für zwei Einfamilienhäusern aus Stroh
im Guldistudquartier in Tann erhalten haben.
«Jeder reagiert so,
wenn wir vom Strohbau erzählen», sagt einer der Bauherren, der wegen der
vielen negativen Reaktionen auf den Strohhausbau nicht namentlich
erwähnt werden will. «Wir hatten die Idee eines Hauses, das auf
ökologischen Prinzipien beruht.» Die Minergiebauweise war ihm aber zu
wenig nachhaltig. Daher suchten die beiden Familien das Gespräch mit
Werner Schmidt, einem Architekten aus dem Bündnerland, der seit zehn
Jahren Strohhäuser baut.
Haus braucht keine Heizung
Gebaut
wird das Haus aus grossen Strohballen mit 1,25 Meter Breite, 2,20 Meter
Länge und 80 Zentimeter Höhe. Ganze 350 Kilogramm wiegt ein einzelner
«Baustein». Die Mauern werden 1,30 Meter dick. Auf den Bauplänen fällt
auf, dass das Haus rundum mit wenigen Fenstern bestückt ist. Die
Südseite jedoch ist komplett verglast und hilft mit, das Haus
aufzuheizen. Sonnenkollektoren sorgen für warmes Wasser und dienen als
Energiespeicher. Die Wärmedämmung ist bei Strohhäusern so hoch wie bei
kaum einer anderen Bauweise. Dadurch erübrigt sich beim Strohhaus auch
eine Heizung. In unseren Breitengraden fast unvorstellbar.
Die
Bauherren freuen sich darüber: «Wir möchten möglichst energieunabhängig
bleiben. Zudem ist uns das Raumklima wichtig. In einem Strohhaus ist man
nicht vakuumverpackt, sondern das ganze Haus atmet mit.» Auch
Kunststoffe zur Isolation sucht man vergebens. Verputzt wird das Haus
mit Lehm und Kalk – alles natürliche Stoffe.
Rauchen auf dem Bau verboten
Als
Ökofreaks sehen sich die Bauherren jedoch nicht. «Wir wollten einfach
ein ökologisches Haus. Aber wir fahren auch Auto, benutzen eine
Waschmaschine und einen Geschirrspüler», stellen sie klar. Einsprachen
auf dem Bauamt gab es keine, wie Bausekretär Daniel Pfiffner auf Anfrage
erklärt. Für die Baubehörde Dürnten ist die Baugesuchsprüfung für ein
Strohhaus nicht alltäglich. Anstelle der üblichen fünf
feuerpolizeilichen Auflagen sind es beim Strohhaus in Dürnten deren
neunzehn. Neben der kommunalen hat auch die kantonale Feuerpolizei ein
Auge auf die Unterlagen geworfen und nichts bemängelt.
Besonderes
Augenmerk liegt auf der Baustellensicherung. In der Auflage sind
Rauchverbotszonen gefordert. Auch Löschmittel sollen bereitstehen, falls
es durch Funkenflug beim Schneiden der Keramikplatten zu einem Brand
kommen sollte. Pfiffner: «Natürlich wird die Feuerpolizei auf der
Baustelle vermehrt Kontrollen durchführen.» Aber Strohballen erfüllen
den geforderten Feuerwiderstand. Da sie sehr stark gepresst werden,
verhalten sie sich bei einem Brand ähnlich wie herkömmliche
Baumaterialien.
60 Tonnen Stroh verbauen
Die grösste
Gefahr beim Bau geht von Feuchtigkeit aus, die zu Schimmel oder
ungeliebten Insekten führen könnte. Bevor das Stroh verbaut wird, prüft
man daher genau dessen Feuchtigkeitsgehalt. Die Wasser- und
Elektroleitungen werden auf dem kürzesten Weg in Schächten ins Fundament
geführt, um die Gefahr eines Wasserschadens möglichst gering zu halten.
Mit zwanzig gebauten Strohhäusern hat der Architekt genug Erfahrungen
gesammelt.
Beim Bauvorhaben in Dürnten geht es an die letzten
Vorbereitungen. Die Bauherrschaft hat bei einem Bauern in Ulm bereits 60
bis 80 Tonnen Stroh reserviert. Der Bauer presst es in die gewünschte
Ballengrösse und liefert es nach Dürnten. Eine Woche nach Baubeginn soll
der Rohbau des Hauses stehen. Einzige Bedingung - das Wetter muss schön
sein.
Quelle und Dank an: www.tagesanzeiger.ch