Abgesehen davon, dass eine gute Portion Arroganz dazugehört, zu glauben, andere Menschen wären nicht in der Lage ein so einfaches Prinzip wie Kooperation zu begreifen, gibt es noch eine andere Sichtweise auf diesen Einwand. Es ist überhaupt nicht nötig, dass alle Menschen zu einem Verständnis großer philosophischer Tiefe gelangen. Um eine neue Meinung und ein neues Paradigma zu etablieren, reicht eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Menschen – eine „kritische Masse“, die nach dem heutigen Stand der Wissenschaft bei etwa 5-10 Prozent zu liegen scheint.
Effektive Makroorganismen?
Auch wenn der Vergleich etwas hinken mag, ist die Theorie der effektiven Mikroorganismen vielleicht eine gute Analogie. Diese Theorie geht davon aus, dass gewisse Mikroben zum Beispiel in Teichen darüber bestimmen, ob ein Teich versauert und umkippt – und dadurch lebensfeindlich wird, oder lebensfreudliche Bedingungen bietet. Dabei gibt es drei Klassen von Mikroben, die durch die Art ihres Stoffwechsels entweder für eine Versauerung oder für eine positive Anreicherung des Wassers sorgen: Positive Mikroben, negative Mikroben und opportunistische Mikroben. Letztere passen sich einfach dem Umfeld an, je nachdem, ob gerade positive oder negative Mikroben dominant sind. Sie sind „Mitläufer“, denen es sozusagen „egal“ ist, ob sie als negative oder positive Mikroben stoffwechseln.Interessant ist nun, dass die opportunistischen Mikroben etwa 80 Prozent der Gesamtpopulation ausmachen und relativ kleine Konzentrationsunterschiede in den üblichen 20 Prozent das ganze Sytsem kippen oder beleben können.
Fünf Menschen können hundert bewegen
Der Mensch ist ein Individuum, aber er ist durchaus auch ein Rudeltier und oftmals sogar ein Schwarmtier. Die Forschungen bezüglich Schwarmintelligenz und Gruppenverhalten sind relativ weit fortgeschritten – wohl auch aus dem Interesse, Gruppen leichter kontrollieren zu können, aber auch für die Architektur, zum Beispiel im Design von Fluchtwegen.Der Berliner Forscher Jens Krause vom Leibniz-Institut hat umfangreiche Forschungen zum Schwarmverhalten von Menschen gemacht. Sein Ergebnis: Es braucht bloß fünf bis zehn Prozent der Individuen einer Gruppe, um diese in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Das Kopieren von Verhalten ist nicht nur die Art, wie wir als Kinder lernen, es ist generell eine Erfolgsstrategie von Wirbeltieren. Gerade in großen Gruppen kopieren wir das Verhalten der Gruppe völlig unbewusst, so dass sich die Gruppe fast wie ein Schwarm verhält. Und die Zahlenverhältnisse spielen dabei eine große Rolle.
Kritische Masse: 10 Prozent
Wie bei den Mikroben im Teich und beim Verhalten von Gruppen verhält es ich auch bei Meinungen, wie eine neue Studie von US-Wissenschaftlern gerade gezeigt hat: Wenn eine Minderheit von 10 Prozent der Bevölkerung an eine Meinung glaubt und sie verbreitet, setzt sich diese schließlich auch in der restlichen Mehrheit durch. Das sagen zumindest erstmal komplexe Computersimulationen, die sich allerdings schon in anderen Fällen, wie den oben beschriebenen Forschungen von Krause als sehr akkurat herausgestellt haben.
Dabei zeigten sich sehr interessante Zusammenhänge. Ganz analog zu den Mikroben gab es in den Simulationen eine Mehrheit von „Traditionalisten“ die nach Meinungs-Konsens in ihrer Umwelt suchten und eine Minderheit von „Ideologen“ die eine starke Meinung hatten und bereit waren, für diese auch vorübergehend Außenseiter zu sein.
Je nachdem, wie viele „Ideologen“ (ein unschönes Wort) es gab, zeigten sich sehr unterschiedliche Ergebnisse.
„Bleibt die Anzahl der an eine Idee glaubenden Personen innerhalb einer Gruppe bzw. Population unterhalb von 10 Prozent, so zeigt sich kaum ein Fortschritt in der weiteren Verbreitung dieser Ideen“, erläutert Studienleiter Boleslaw SzymanskiSzymanski. „Überschreitet diese Anzahl jedoch zehn Prozent, so verbreitet sich die Idee von nun an wie ein Lauffeuer.“
Der Unterschied des Überschreitens der magischen 10-Prozent-Grenze ist tatsächlich sehr dramatisch: Unter 10 Prozent würde die Verbreitung der Idee oder Meinung laut Simulation in etwa so viel Zeit benötigen, wie das Universum alt ist – darüber geht es dann rasend schnell.
Manipulation der Massen oder Chance für neue Ideen?
Die Erkenntnis der kritischen Masse könnte für den Versuch benutzt werden, Gesellschaften zu steuern oder Meinungen zu unterdrücken. Ganz so einfach ist es aber nicht, da es zunehmend schwieriger für die Politik wird, sämtliche Informationskanäle zu kontrollieren und da die Meinungsbildung von sehr vielen auch emotionalen Faktoren abhängt.Man sagt, das Gute und Wahre setzte sich am Ende immer durch und ich hoffe tief, dass dem so ist. Und dass nicht vorher alle anderen Alternativen ausprobiert werden müssen. Derzeit fallen die Lügen unserer Gesellschaft wie Blätter von den Bäumen – es ist mindestens Herbst für das alte Paradigma. Die alten Ideen verlieren ihre Farbe und welken auf dem Boden der Tatsachen – das macht Platz für neue Ideen. Das gibt Raum für eine neue Vision unserer Zukunft als Menschheit.
Und auch wenn es viele für unmöglich halten mögen, dass wir eines Tages in Freudschaft, Frieden und in Achtung der Schöpfung zusammenleben können: Ich glaube daran. Fast bin ich versucht zu sagen: Ich weiß es.
Und auch wenn es arrogant klingen mag: Nicht alle Menschen müssen dafür schwindelnde Gipfel von Bewusstheit erlangen. Viele Menschen unterstützen das alte System nicht, weil sie es so toll finden, sondern weil es eben da ist. Weil sie einfach mitlaufen. Es braucht nicht viele Menschen – vielleicht ja wirklich nur 10 Prozent – die sich für eine neue Realität entscheiden und damit große Veränderungen katalysieren können. Und nicht durch reden, sondern indem sie es in ihrem eigenen Leben so gut es geht verwirklichen.
Wir brauchen keine Missionare, sondern Integrität
Bei alledem geht es mir sicher nicht darum, dass ich mich nun in der Innenstadt mit Flugblättern neben die Wachtürme ander Ideologien zu stellen gedenke. Es geht mir darum all denen Mut zu machen, die sich gerade mit ihrer Herz-Wahrheit vielleicht als Außenseiter dieser Gesellschaft fühlen und manchmal resignieren, angesichts eines tief empfundenen Traumes der manchmal unmöglich scheint.Es braucht niemand von irgendwas überzeugt zu werden, schon gar nicht alle. Es reicht wenn genügend von uns dem Ruf folgen, den sie in ihrem Inneren hören. Was ich sagen möchte ist:
„Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann – tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde.“
(Magret Mead)
Quelle und Dank an: www.sein.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen