Emmen/Emmenbrücke ist ein Industrievorort von Luzern mit ca. 27.000 Einwohnern und einem hohen Ausländeranteil. Mit diesen Eckdaten ist in der Regel keine aktive Bürgerbewegung zu erwarten.
Die Wasser-Privatisierungsvorhaben der Gemeindeexekutive, mehr oder weniger von allen Parteien von rechts bis links unterstützt, haben das Wasserfass zum Überlaufen gebracht. Ein paar Bürger, angeführt vom ehemaligen Wassermeister Robert Bättig, haben sich spontan zu einem Verein „s’Wasser ghört üs“ zusammengetan und in Rekordzeit für eine fast fünffache Überzeichnung der lancierten Gemeindeinitiative gesorgt. Konkret wollen die Wasserrebellen, dass die Wasserversorgung als öffentliches Gut in der Gemeindeordnung festgeschrieben wird:
Volksinitiative für eine Teilrevision der Gemeindeordnung
s’ Wasser ghört üs
Gestützt auf § 46 Abs. 1 des Gemeindegesetzes beantragen die unterzeichneten Stimmberechtigten der Gemeinde Emmen in Form des formulierten Entwurfs den folgenden Zusatz zur Gemeindeordnung von Emmen:
Art. 3 bis Wasserversorgung
Die öffentliche Wasserversorgung obliegt der Gemeinde Emmen als öffentliche Aufgabe.
Weder die Wasserversorgung selbst, noch Teile davon und auch keine Nebenbetriebe dürfen abgespalten, veräussert oder in eine andere juristische Form überführt werden
Mit dieser Änderung der Gemeindeordnung wollen die Wassermänner erreichen, dass die Wasserversorgung eine öffentliches Gut bleibt und auch nicht ausgehöhlt werden kann. Gleichzeitig möchten sie auch weit über die Gemeindegrenzen ein Zeichen setzen, dass Gemeindebehörden lebenswichtige Aufgaben nicht einfach kurzfristigen monetären Gelüsten opfern können.
Wie reagierte die Gemeindeexekutiven und die Parteien ?`
Für Abklärungen zur Privatisierung hat die Gemeinden in den Jahren 2003–2005 insgesamt zugegebene CHF 194.450.— für das Projekt „Privatisierung“ an „Ingeniör“-Leistungen vergeben. Der abgegebene Bericht ist nicht mehr Wert als eine Semesterarbeit eines Oekonomie-Studenten im 3. Semester (Wir möchten nicht wissen, welche Parteikasse mit diesen „Aufträgen“ wieder geäufnet wurde).
Bis kurz vor der Publikation des Initiativtextes im Kantonsamtsblatt am 1. April 2006 waren praktisch alle Parteien mehr oder weniger für eine Privatisierung. Die Linke spielte im Politspiel mit, protestierte zwar, legte sich aber nicht vehement ins Geschirr. Dann am Nachmittag des 31. März 2006 geschah etwas ganz seltsames. In einer gemeinsamen Erklärung gaben alle Parteipräsidenten von links bis rechts überraschend bekannt, dass das Projekt Wasserprivatisierung zu beerdigen sei. Natürlich wurde diese Politaussage von unseren Medien gross an die Glocke gehängt und unsere Initiative nur beiläufig erwähnt. Die Politparteien wollten so ihre Macht erhalten und glaubten, uns damit den Wind aus den Segeln genommen zu haben. Doch weit gefehlt: Wir haben mit einer solchen Störaktion gerechnet und nur kurz mit einem Lächeln verlauten lassen, dass wir diese Initiativen selbstverständlich weiterhin aufrecht erhalten und am nächsten Tag mit der Unterschriftensammlung anfangen werden.
Keine Partei, weder die Linke, noch die Rechte und auch kein „gekaufter“ Quartierverein hat uns bei der Unterschriftensammlung unterstützt. Die zeigt, wie die Linken im Politspiel die soziale Posaune ertönen lassen, aber nur wenig Hand anlegen, wenn es gilt, wirkliche Probleme zu lösen. Auf Politiker, Gemeinderäte und Einwohnerräte war, ist und wird auch in Zukunft nicht Verlass sein. Zu sehr sind sie mit ihren persönlichen Vorteilen beschäftigt oder pfeifen nach der Musik ihrer Geldgeber.
Wie hat die Bevölkerung reagiert ?
Wie gross der aufgestaute Frust bei der Bevölkerung ist, wurde uns anlässlich der Unterschriftensammlung klar. 99 % der angefragten Personen haben spontan unterschrieben. Hätten die zum Teil schon seit mehreren Jahrzehnten bei uns lebenden Ausländer mitstimmen können, so hätten wir das Minimum um mindestens 10 mal überschritten. Im Gespräch zeigte sich, dass die Bevölkerungsbasis durchaus politisch interessiert und aktiv sein will. Nur mit dem Parteiensystem haben die allermeisten ihre Mühe. Sehr gut war unsere Entscheidung, am Anfang keine Partei zu konsultieren. Dass uns danach keine Partei unterstützte, war nur im Nachhinein nur zu unserem Vorteil. Auch in Zukunft lassen wir diese Parasiten unserer Gesellschaft ausser Spiel.
Auf einem alten Wasserfahrzeug der Feuerwehr Emmen wurden die fast 2500 Initiativbögen den Gemeindebehörden abgeliefert. Als nächstes wird der Einwohnerrat im Herbst/Winter die Initiative als unnötig erklären. Es wird so zu einer Gemeindeabstimmung kommen. Da wir noch nicht elektronisch wählen, werden die Emmer Bürger sicher gegen eine Privatisierung stimmen. Und so wird die Gemeindeordnung von Emmen im nächsten Jahr eine kleine, aber überlebenswichtige Änderung erhalten, zum Schutz vor global agierende Wasserpiraten und kleinkarierten Gemeinderäten . Und noch besser: Nachahmer sind bereits in den Startlöchern.
Einen ganz herzlichen Dank möchten wir auch den aktiven Leuten vom Wasserforum Stuttgart, insbesondere, insbesondere der unermüdlichen Doris und dem hervorragenden Filmer Leslie Franke aussprechen. Sie haben uns mit dem Material versorgt, das unsere Augen noch weiter geöffnet und uns zu diesem Glanzresultat angespornt hat.
Emmenbrücke, 18. Juni 2006
Verein „s’Wasser ghört üs“
Vital Burger
Nachtrag:
In der Zwischenzeit wurde die Initiative von den Emmer Bürgern, trotz Gemeindebehörden–Propaganda, angenommen und in der Gemeindeordnung verankert. Die Wasser-Heuschrecken wie z.B. Nestle, Vivendi etc. beissen bei uns in Zukunft auf Granit.
www.wasser-in-buergerhand.de
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