Die wichtigste Volksinitiative der
letzten zwanzig Jahre wird voraussichtlich am 1. Mai lanciert: Die
Umstellung des Schweizer Frankens von Schuldgeld auf Vollgeld. Dies hat der Vorstand des Vereins Monetäre Modernisierung
(MoMo) gestern in Zürich beschlossen. Die «Vollgeld-Initiative – für
krisensicheres Geld im Interesse aller: Geldschöpfung voll zur
Nationalbank» will der privaten Geldschöpfung durch die Banken ein Ende
setzen. Rund 90 Prozent des Geldes – die meisten Menschen sind sich
dieser Ungeheuerlichkeit gar nicht bewusst – werden von den Banken
buchstäblich aus dem Nichts kreiert. Das Monopol der Nationalbank
erstreckt sich nur auf das Notengeld. Das unbare Giralgeld, mit dem die
meisten Zahlungen erfolgen, schöpfen die Banken selber – jedes Mal, wenn
sie einen Kredit vergeben. Dabei verleihen sie nicht das Geld der
Sparer – diese behalten es nämlich und können damit bezahlen –, sondern
erzeugen Geld, das es vorher nicht gegeben hat, durch eine simple
Gutschrift (hier finden Sie die Beschreibung der Nationalbank, S. 18/19). Gesetzliches Zahlungsmittel ist dieses Geld freilich nicht (siehe Gesetz über die Währung und die Zahlungsmittel),
sondern nur ein Anspruch darauf, den die Banken auf Wunsch erfüllen
müssen. Dazu sind sie aber nur beschränkt in der Lage; die gesetzliche
Mindestreserve beträgt bloss 2,5 Prozent.
Die unerwünschte Kehrseite ist nicht nur die Unsicherheit unserer Bankguthaben, sondern ein ständig wachsender Schuldenberg,
der immer schwerer abzutragen ist und unter dem vor allem die
arbeitende Bevölkerung leidet. Denn der überwiegende Teil des neu
geschöpften Geldes fliesst nicht in die Realwirtschaft, wo die Mehrheit
ihr täglich Brot verdient, sondern in die Finanzwirtschaft, wo sich viel
leichter Gewinne realisieren lassen. Vor wenigen Tagen musste die EZB
einen erneuten Rückgang der Kredite an die Wirtschaft vermelden, trotz niedrigster Zinsen.
Aus dem Privileg der Geldschöpfung fliesst
zudem ein erheblicher Gewinn in private Taschen, der eigentlich der
Allgemeinheit gehört. Nicht umsonst bestimmt die Bundesverfassung in Art. 99
«Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes; diesem allein steht
das Recht zur Ausgabe von Münzen und Banknoten zu.» An das unbare Geld,
das mit der Digitalisierung der letzten Jahrzehnte eine ungeahnte
Bedeutung erlangte, hat man wohl nicht gedacht.
Der Vorstand des Vereins Monetäre Modernisierung beschliesst in Zürich die Lancierung der Vollgeld-Initiative.
Dieser Irrtum soll nach dem Willen der Initianten nun korrigiert werden. Vollgeld
heisst so, weil auch in seiner unbaren Form ganz durch Nationalbankgeld
gedeckt ist und nicht nur zu 2,5 Prozent. Deshalb ist Vollgeld vor
Bankenpleiten geschützt. Dass ein solches Szenario nur für die
hochverschuldeten Länder des Südens eine Gefahr ist, nicht aber für die
reiche Schweiz, ist leider ein Irrtum. Bereits im August 2012 wurden in
der «Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die
Insolvenz von Banken und Effektenhändlern» die rechtlichen
Voraussetzungen für die Enteignung von Sparern getroffen. Mit Vollgeld
wäre dies weder nötig noch möglich, denn Guthaben auf Girokonten
fliessen nicht mehr in die Bankbilanz. Nicht umsonst sprechen die
Initianten beim Vollgeld vom «sichersten Geld der Welt».
So revolutionär das Konzept tönt, neu ist es nicht.
Bereits in den 30er Jahren sprach sich die überwiegende Mehrheit der
amerikanischen Ökonomieprofessoren zur Behebung der Weltwirtschaftskrise
für das «100 percent-money» aus, einem Zwilling des Vollgeldes. In
einer Studie des Int. Währungsfonds
von 2012 wird die staatliche Kontrolle und Schöpfung des Geldes von
höchster Stelle befürwortet. Gemäss den IWF-Ökonomen gibt es in der
Geldgeschichte nichts, was eine Ablehnung der öffentlichen Geldschöpfung
rechtfertigen würde.
Trotzdem sind die Hindernisse der Initiative erheblich: Das
allgemeine Verständnis für die wahre Natur des Bankengeldes ist gering,
selbst unter Bankern und Politikern, die es eigentlich wissen müssten.
Das Interesse der Medien ist schwach, vor allem von solchen, die von den
Werbegeldern der Banken leben. Und die Banken haben erst recht keinen
Drang, sich einer öffentlichen Diskussion über ihre unbekannten
Privilegien zu stellen. Sie können sogar Dienstleistungen, Immobilien
und andere Anlagewerte mit Geld aus dem Nichts bezahlen, sofern der
Verkäufer ein Konto bei ihnen führt.
Die Initianten und ihr wissenschaftlicher Beirat
mit ein paar prominenten emeritierten Professoren sind darum auf die
Unterstützung der wenigen Menschen angewiesen, die das enorme Problem
der Geldschöpfung erkannt haben. Bis jetzt sind Sammelzusagen
für rund 40’000 Unterschriften eingegangen – das ist ermutigend – und
Spenden von rund 30’000 Franken – das ist bei weitem nicht genug. Die
Initianten haben sich deshalb eine Hintertür offen gelassen, um auf den
Lancierungsentscheid zurückzukommen. Das wäre fatal, denn eine
Volksinitiative sollte man im Frühjahr starten, damit man zweimal im
Sommer sammeln kann, anstatt zweimal im Winter.
Nachdem Sie diesen Text bis hier gelesen haben, stellt sich nun die Gretchenfrage:
Was können und wollen Sie beitragen, damit die Schweiz das sicherste
Geld der Welt erhält? Was tun Sie, damit in diesem Land eine weltweit
einmalige Diskussion über die Geldschöpfung, ein Kernelement unserer
Wirtschaft und Gesellschaft, geführt werden kann? Wollen Sie Veränderung
bewirken oder konsumieren?
Falls Sie weitere Informationen brauchen, machen Sie sich kundig auf der Website der Initiative.
Hier können Sie eine Sammelzusage deponieren: http://www.vollgeld-initiative.ch/unterschriften.html
Und hier eine Spende überweisen: www.vollgeld-initiative.ch/spenden.html
In jedem Fall empfehle ich Ihnen, sich über den Newsletter auf dem Laufenden zu halten ( http://www.vollgeld-initiative.ch/newsletter.html) Quelle und Dank an: www.zeitpunkt.ch
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen