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Montag, 22. Juli 2013

Griechen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand

 Griechen nehmen Schicksal selbst

Der Euro ist nicht mehr die einzige Währung / Bild: dpa/Federico Gambarini (Federico Gambarini)
 

Krise. Das Volk sucht sich Alternativen: In der "Kartoffelbewegung" werden nun Waren getauscht statt gekauft, sogar eine eigene Währung wurde geschaffen.

 

Athen. Die von Sparzwängen gebeutelten Griechen trotzen der Krise. Sie organisieren sich in griechischen Versionen von "Trueque", den in Zeiten des Staatsbankrotts entstandenen Tauschbörsen Argentiniens. Diese "Solidaritätsnetzwerke der Bürger" versuchen entweder durch "Prägung" virtueller Währungen oder den Tausch von Produkten und Dienstleistungen auf lokaler Ebene Wege aus der Misere zu finden und auch dem Spekulantentum vorzubeugen.

Ein bekanntes Netzwerk ist die "Kartoffelbewegung", die bei vielen Griechen seit zwei Jahren Anklang findet. Billige Erdäpfel werden bereits im Bezirk Chalkidiki und in Städten wie Veria und Volos verkauft. Aber nicht nur Erdäpfel. Die "Kartoffelbewegung" dehnte sich auf andere landwirtschaftliche Produkte aus, wie Bohnen, Reis, Olivenöl. Diese Produkte werden zu niedrigen Preisen ohne Zwischenhändler angeboten.

Solidarität gegen Geldmangel

Selbst organisierte Gruppen und Tauschnetzwerke sind mittlerweile in ganz Griechenland tätig. Die Eigenwerbung klingt trotzig: "Αuf den Geldmangel reagieren wir mit Solidarität und Sozialmärkten, auf einen Mangel an Nahrungsmitteln mit Selbstanbau, selbst verwalteten Gärten und mit der Erhaltung der traditionellen Lebensart der Samen! 

Wir organisieren uns gegen die Arbeitslosigkeit mit Kollektiven, Genossenschaften und Öko-Kommunen, gegen die Obdachlosigkeit mit Sozialwohnungen und besetzten Häusern. Wir beseitigen den Mangel an Kameradschaft mit kollektiven Küchen. Wir reagieren auf das Demokratiedefizit und die politische Oligarchie mit direkter demokratischer Nachbarschaft. Wir nehmen die Sache selbst in die Hand, um diese schlechte Situation zu stoppen und die Lebensbedingungen zu verbessern!"


Namen dafür gibt es viele, der Zweck immer gleich: Waren und Dienstleistungen zu tauschen, um die Menschen vor Ausgaben zu bewahren, die sich nicht mehr leisten können. Solidarität wird in Griechenland während der Wirtschaftskrise großgeschrieben.

Nicht nur in Athen, sondern in anderen Städten wie Alexandroupoli, Argos, Chania, Drama, Exarchia, Katerini, Magnesia, Rodpi, Thessaloniki, Volos, Vyronas, Veria oder auf der Insel Kreta florieren die Tauschnetzwerke. Ortsungebunden kann auch im Internet gehandelt werden: Etwa im Dienstleistungstausch-Netzwerk "Free Economy" (http://www.free-economy.gr). Dabei geht es aber nicht nur um schnöden Materialismus. Auch Ökoprojekte oder solche für autonome und unabhängige Kunst oder kulturellen Aktivismus finden sich darunter.

Alternatives Geld

In der Umgebung der griechischen Stadt Volos, im Bezirk Magnesia, an der Ostküste Griechenlands, werden zuweilen die Transaktionen nicht mehr ausschließlich in Euro geleistet. Wegen der Wirtschaftskrise und der mangelnden Liquidität ist eine neue lokale alternative Währung entsanden - der virtuelle TEM. Ein System sorgt für eine relativ schnelle Bestätigung von Transaktionen, sodass die Mitglieder des Netzwerks die Anzahl von Transaktionen erkennen können, nach Produkten und Dienstleistungen suchen, und ihre eigenen Anzeigen für Dienstleistungen und Produkte registrieren. Das Solidarität-Tausch Netzwerk wurde lange getestet, auch im Ausland.

Die Organisatoren versprechen: "Bei uns gibt es keinen Wucher und keine Spekulation, keine Zinsen oder Zinseszinsen." Das Netzwerk basiert auf Gleichheit, Parität, Transparenz und Solidarität. Die Bürger nehmen ihr Leben in die Hände, indem sie lokale Produkte und Betriebe unterstützen und ihren Familien beim Überleben helfen.

Angeliki Ioanniti, Koordinatorin des Solidaritäts-Tauschnetzwerks in Volos (Magnesia), spricht im APA-Interview von einer großen Resonanz bei den Bürgern. Allein ihr Netzwerk habe bereits mehr als 1200 Mitglieder. "In Griechenland gibt es schon viele Solidaritätsnetzwerke, die während der Finanzkrise entstanden sind. Den Produkttausch gab es schon viele Jahre vor der Krise, zuletzt ist der Zulauf aber gestiegen."

Die Produktpalette ist dabei vielfältig. Hauptsächlich wollen die Bürger aber Lebensmittel - entweder gekocht oder frisch - tauschen. "Unser Markt findet zweimal pro Woche statt, wo Speisen angeboten werden. Wir haben einen Platz, den uns die Universität von Thessalien für ein Jahr überlassen hat. Wir haben den Raum geeignet eingerichtet. Er steht allen Mitgliedern offen. Es gibt 50 Holzbänke, wo jeder anbietet, was er kann und will."

Wirtschaft schrumpft - Bürger reagieren

Eines wird offensichtlich: Die Bürger des Landes suchen nach alternativen Wegen und Lösungen. Denn Griechenland steckt wohl noch tiefer im Sumpf aus Rezession und Arbeitslosigkeit als befürchtet. Das Athener Forschungsinstitut IOBE erwartet in diesem Jahr einen Rückgang der Wirtschaftskraft um bis zu fünf Prozent.

Viele machen dafür die EU und vor allen die sparwütige deutsche Regierung dafür verantwortlich. Jüngst schlug dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Sommerhitze Athens ein eiskalter Wind entgegen: "Herr Schäuble, hier ist ihr Werk: Wirtschaftsleistung minus 20,5 Prozent, Einzelhandel minus 18 Prozent, Bauwesen minus 67 Prozent", titelte das linksliberale Blatt "Eleftherotypia".
Am Mittwoch hatte das griechische Parlament nach zweitägiger, zum Teil stürmisch geführter Debatte ein neues Sparpaket der Regierung gebilligt. Darin enthalten ist auch ein Gesetz, das die Entlassung von 15.000 der 700.000 Staatsbediensteten ermöglicht. Die Billigung der Gesetze war eine der Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Athen. Dabei geht es um insgesamt 6,8 Milliarden Euro.


Quelle und Dank an:  http://wirtschaftsblatt.at

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